Vortrag von Regionalbischof Klahr zur Bedeutung des Erntedankfestes
Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr sprach beim Erntedankfest der Georgsheiler Landfrauen über die mangelnde Wertschätzung von Lebensmitteln.
Ob stilisiert oder naturgetreu: Die Bienen-Broschen weisen ihre Trägerin als Mitglieder der Landfrauen aus. 90 der 156 Georgsheiler Landfrauen hatten sich im Gulfhof Ihnen eingefunden, um gemeinsam Erntedank zu feiern und zu Abend zu essen. Der Landessuperintendent für den Sprengel Ostfriesland-Ems, Dr. Detlef Klahr, war als Redner geladen. Er sprach über das Erntedankfest, seine Bedeutung und Herkunft, aber auch über die Wertschätzung von Lebensmitteln in der Gesellschaft.
Klahr erklärte, dass täglich in Deutschland so viel Brot weggeworfen würde, dass eine Stadt von der Größe Wiens davon versorgt werden könnte. Er mahnte, dass es auch in Deutschland nicht für jeden Menschen selbstverständlich ist, genug zu essen zu haben. „Eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern kann ihnen ein Lied davon singen“, so Klahr. Auch die Altersarmut steht der Verschwendung gegenüber, sagte der Landessuperintendent: „Bei den Tafeln können sie Menschen sehen, die ihr Leben lange gearbeitet haben, und bei denen es trotzdem nicht reicht.“ Zudem sei die Fülle in den Supermarktregalen ein Trugschluss: „Eigentlich hätten wir in diesem Jahr einen Hungerwinter vor uns, wenn wir nur die selbst angebauten Lebensmittel in Deutschland zur Verfügung hätten.“
Neben dem sozialen Gesichtspunkten wies Klahr auch auf eine spirituelle Komponente der Wertschätzung von Lebensmitteln hin: „Menschen die für das, was sie haben, dankbar sind, fühlen sich glücklich.“ Er glaubt: „Wir könnten jeden Tag Erntedank feiern, wenn wir nur danke sagen würden.“
Die mangelnde Wertschätzung für Lebensmittel sei unter anderem durch die Illusion scheinbar unbegrenzter Fülle entstanden: „Heute können wir beispielsweise Erdbeeren zu jeder Zeit haben, sie werden einfach eingeflogen. Wir müssen nicht mehr auf sie warten, uns in Geduld üben.“ Dadurch sei auch die Vorfreude verloren gegangen. Ein weiterer Grund ist, dass die Menschen keinen Bezug mehr zur Nahrung haben. Das diese Zeit braucht und mit viel Arbeit und auch mit Rückschlägen, in Form von Unwettern und Missernten, verbunden ist, ist einem großen Teil der Gesellschaft nicht mehr bewusst.
Hier sieht der Landessuperintendent eine wichtige Funktion der Landfrauen. Obwohl sich der Verein vor einigen Jahren öffnete, sind immer noch die meisten Mitglieder in der Landwirtschaft tätig und mit dem langen Weg bis zum Produkt vertraut. „Landfrauen sind tolle Frauen und sie sind in vielen Gemeinden die Joker, denn ihre Arbeit überschneidet sich oft mit der der Frauen in den Kirchengemeinden.“ Klahr bemühte sich daher, jeder der Anwesenden persönlich einen guten Abend zu wünschen.
Über das Erntedankfest sagte er: „Schon immer war das Einbringen der Ernte mit dem Feiern verbunden.“ Das Erntedankfest ist in vielen Kulturen bekannt und eines der ältesten Feste der Menschheitsgeschichte. Für ihr Fest hatten die Landfrauen die Tische im Gulfhof nicht nur mit regionalen Produkten eingedeckt, sondern auch den Saal und vor allem die Bühne geschmückt. Darunter Äpfel, Birnen, Kürbisse, Hafer und auch Kastanien. Einige der Produkte band Klahr in seine Ansprache ein. So sagte er beispielsweise über die Kastanie: „Sie ist ein Symbol für die Vergänglichkeit und das Leben an sich. Sie zeigt, dass das, was erst schön und glänzend ist, nicht auf Dauer so bleibt.“ (Ann-Kathrin Stapf)