Roswitha Homann aus Norden ließ auf Grundlage historischer Quellen einige Frauen der Reformationszeit selbst ihre Geschichte erzählen. So brachte sie auf anschauliche Weise Umbrüche der Reformation zur Sprache.
Die drei Reformatoren aus Wittenberg, Johannes Bugenhagen, Philipp Melanchthon und Martin Luther, heirateten ehemalige Nonnen. Die Ehefrauen sorgten für die Familie, den Haushalt und die Gesundheit ihrer Männer, waren gebildet und für ihre Männer ernstzunehmende Gesprächspartnerinnen.
Eine Pfarrfrau, die ihrem Mann sogar mit Schrift und Tat zur Seite stand, war Katharina Zell (1497/98 – 1562), eine Straßburger Handwerkertochter, Bürgerin der freien Reichsstadt, die mit guter Bildung aufgewachsen war. Im aufgeschlossenen und toleranten Straßburg gab es schon früh Mädchenschulen. 1523 heiratete sie Matthias Zell, den ersten Pfarrer im Straßburger Münster, der bereits seit 1518 evangelisch predigte. „Es war das erste Mal, dass eine Bürgerstochter die Ehe mit einem Priester einging; denn die anderen Ehefrauen der Reformatoren waren häufig ehemalige Nonnen“, so Homann.
„Man könnte sie die erste Pastorin nennen, denn sie hielt selbst Predigten. Ihre Leichenreden waren bei Beerdigungen ausdrücklich erwünscht, sie schrieb Briefe an Menschen, die sie trösten wollte. Sie schrieb Protestbriefe gegen ihren Ausschluss aus der Kirche an den Bischof, bis er es ihr verbot“, berichtete die Referentin.
Katharina Zell wurde von den gleichen Fragen wie Luther umgetrieben: Trotz frommer Werke empfand sie keinen Trost und war sich der Liebe Gottes nicht sicher. Seit 1523 wechselte sie Briefe mit Martin Luther.
Katharina Zell ließ einen Trostbrief an 150 Frauen in Kenzingen drucken, deren Ehemänner wegen ihres evangelischen Glaubens nach Straßburg geflohen waren. Sie kümmerte sich um deren Versorgung und pflegte Kranke.
Der Lebenslauf der Katharina Zell zeigt, dass Flüchtlingsströme durch die Reformation ausgelöst wurden. Es gab viele heimatlose Menschen, die sich mit dem Diktat des Glaubens in ihrer Heimat nicht abfinden konnten und ins Exil gingen. Frauen beteiligten sich auch an großen Protestaktionen: 1522 protestierten 50 Frauen in Basel gegen die Entlassung ihres protestantischen Predigers, 70 Jahre später zogen im schlesischen Liegnitz sogar 300 Frauen zum herzoglichen Schloss, um die Ausweisung eines als Calvinisten verdächtigten Pfarrers zu verhindern. Im schlesischen Löwenberg waren es die Frauen, die sich am stärksten gegen die Rekatholisierung wehrten.
Zusammenfassend sagte die Referentin: „Die protestantischen Frauen, seien sie Pfarrfrauen, adelige oder bürgerliche Frauen, hatten teil an der Diskussion während des Umbruchs in der Reformation. Besonders mit Hilfe des Buchdrucks traten sie deutlich hervor, wurden gelesen oder gehört. Allerdings erfüllten sich ihre Hoffnungen, selbst Predigerin werden zu können, nicht. Nur als Ehefrauen waren ihnen Freiräume gewährt.“
Ostfriesland hatte mit Gräfin Anna eine entschiedene Protestantin, die sich sehr für den inneren Frieden ihres Landes einsetzte und sich um das friedliche Miteinander von Lutheranern, Calvinisten und Katholiken bemühte. Unter ihrer Herrschaft wurde Johannes a Lasco Superintendent in Emden und sie setzte einen evangelisch-reformierten Kirchenrat ein.