Regionalbischof Klahr sprach in Esens am Hochzeitstag des Reformators
Anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums kam Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr am 13. Juni 2017 in das Gemeindehaus der St. Magnus Kirchengemeinde nach Esens, um dort an den Hochzeitstag von Katharina von Bora und Martin Luther zu erinnern. Der Regionalbischof für den Evangelisch-lutherischen Sprengel Ostfriesland-Ems hielt einen Vortrag über das Thema „Martin Luther und die Liebe“.
„Dass Luther geheiratet hat, ist an sich schon ein Wunder! Ich kenne keinen Menschen in unserer Zeit, der in seinem Leben so vieles so radikal verändert hat, wie Martin Luther“, sagte Klahr. Aus seinem Bibelstudium heraus und aus dem, was dort von Gottes Liebe stehe, habe Luther das Eheverständnis reformiert. Das Leben als ehrbares Ehepaar sei ebenso zu achten wie das Leben als Mönch oder Nonne.
„Die Liebe Gottes ist das große Thema Martin Luthers und der Reformation“, stellte Klahr fest und widersprach der Auffassung, dass es zu wenig sei, wenn bei dem Reformationsjubiläum nur von der Liebe Gottes gesprochen werde, wenn es um Luthers theologische Erkenntnisse gehe. „Was es bedeutet zu sagen, im Glauben bin ich befreit, weil Gott mich liebt, das habe ich bei Martin Luther erfahren“, sagte Klahr. Als Zeichen für die menschliche Liebe und Gottes Liebe brachte Klahr zwei rote Herzen aus Glas mit. Das eine, das göttliche Herz, war größer, weil Gottes Liebe immer größer sei als die menschliche.
Die Entwicklung Martin Luthers
In seinem Vortrag gab der Regionalbischof auf anschauliche und humorvolle Weise einen Einblick in Luthers Leben. Unterschiedliche Arten von Liebe prägen die menschliche Entwicklung, sei es die Liebe der Mutter, des Vaters, der Großeltern oder auch die erste Liebe. Für Martin Luther sei die strenge Erziehung seines Vaters prägend gewesen. Martin sei als Kind mit Schlägen hart bestraft worden, als er nur eine einzige Haselnuss gestohlen hatte. Dieses Strafverhalten seines Vaters habe sein Gottesbild geprägt. Luther sah Gott bis zu seiner befreienden theologischen Erkenntnis als strafenden Gott.
Als er seinen Vater enttäuschte und sein Jurastudium abbrach, um Mönch zu werden, hatte Martin stets Angst, auch Gott zu enttäuschen, wenn er nicht genug bete, beichte und arbeite – und dies obwohl er die strengen Klosterregeln der Augustinereremiten über die Maßen erfüllte. Dazu gehörte auch die Entscheidung, keusch zu leben. Dies geschah noch in der Auffassung, als sei das Leben als Mönch oder Nonne etwas Besseres, als sei man dann näher bei Gott.
Gottes Liebe
Als Kind und Mönch hatte Luther die Erfahrung gemacht, er müsse etwas tun, um Liebe zu empfangen. Luther suchte nach der Liebe Gottes. Sein Beichtvater, der Leiter des Klosters in Erfurt, Johann von Staupitz, empfahl ihm: „Schau auf Christus, wie sehr Gott dich liebt! Schau nicht auf das, was du falsch gemacht hast, sondern schau auf Gott!“
Beim Lesen des Römerbriefs wurde Luther klar, dass Gott nicht zuerst etwas fordert, sondern zuerst liebt und sich dem Menschen zuwendet. Diese Erkenntnis veränderte fortan die Sichtweise Luthers auf den Glauben und die Gesellschaft. Luther schrieb unter anderem Bücher über das eheliche Leben, das Leben im Kloster und von der Freiheit eines Christenmenschen. Seine befreienden Einsichten gelangten mit seinen Schriften heimlich in das Kloster Nimbschen, in dem seine zukünftige Frau, die Nonne Katharina von Bora lebte. 1523 floh sie mit acht weiteren Nonnen in Heringsfässern versteckt nach Wittenberg. Im Haus des Künstlers Lucas Cranach wurde sie aufgenommen. Die von ihr ersehnte Heirat mit einem reichen Bürger aus Nürnberg kam nicht zustande.
Hochzeit zwischen Mönch und Nonne
Katharina schlug weitere Heiratsangebote aus und wollte den sechzehn Jahre älteren Martin Luther heiraten. Nach einigem Zögern heirateten die beiden 1525, mitten in der Zeit des Bauernkrieges. Danach mussten sie grobe Lästerungen über sich ergehen lassen. Die Heirat eines ehemaligen Mönchs und einer Nonne war zur damaligen Zeit etwas revolutionär Neues.
Für Luther wurde aus der anfänglichen Vernunftehe, damit auch noch die letzte der geflohenen Nonnen versorgt ist, eine Liebesbeziehung auf Augenhöhe. Seine Frau wurde ihm zur ebenbürtigen Gesprächspartnerin, der er großen Respekt entgegenbrachte. In jener Zeit war es auch etwas Neues, dass Luther seine Frau als Alleinerbin einsetzte. Das wurde aber dann nicht umgesetzt und Katharina bekam einen Vormund.
Sechs Jahre nach ihrem Mann starb sie auf dem Weg nach Torgau an den Folgen eines Unfalls. Ohne die Pflege und Unterstützung seiner Frau wäre Luther letztlich nicht 62 Jahre alt geworden, ist Klahr überzeugt. Ihre Fürsorge und Zuwendung habe den Reformator getragen.
Das familiäre Umfeld würde sich auch in Luthers theologischen Sätzen wiederfinden. So auch in der Formulierung „Du sollst Gott fürchten und lieben“, mit der Luther jede Erklärung der zehn Gebote beginnt. Das sei mit dem Verhalten des Kindes gegenüber seinem Vater vergleichbar, wenn es seinen Ärger fürchte, ihn aber gleichzeitig liebe.
Luther sei sogar so weit gegangen, zu sagen, dass eine Magd, die ihr Kind stillt, einen höheren göttlichen Dienst ausführt als eine Nonne, die den ganzen Tag im Kloster betet. Damit kam es zu einer Aufwertung alltäglicher Berufe als Dienste für Gott.
Sein Verhältnis zu seinen fünf Kindern sei ein anderes gewesen, als das seiner Eltern zu ihm. Angeregt durch seine Kinder gab er die erste Kinderbibel überhaupt heraus: Reich bebildert und wenig Text.
Konsequenzen aus Luthers Eheverständnis
In der anschließenden Gesprächsrunde mit den 50 Besuchern kam es zu einem angeregten Gedankenaustausch über Fragen der heutigen Zeit zum Eheverständnis, zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und künstlicher Befruchtung.
Pastor Diedrich Neemann führte durch den Abend und freute sich, dass das Reformationsjubiläum mit unterschiedlichsten Veranstaltungen im Kirchenkreis so viele Blüten hervorbringe. Die musikalische Gestaltung des Abends geschah durch kirchenmusikalischen Nachwuchs, durch Mareke Kalkwarf (13) aus der Kirchengemeinde Münkeboe (Klavier) und Ingo Valentin (21) aus der Kirchengemeinde Arle (Orgel). Pastor Neemann betonte die Bedeutung der jungen Organisten für die kirchliche Arbeit und wies auf Förderprogramme der Kirchengemeinden, Kirchenkreise und des Sprengels hin.