Gesellenvizepräsidententagung in Papenburg
Vom 26. bis 28. August 2016 trafen sich die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten der Arbeitnehmerseite der nord- und nordostdeutschen Handwerkskammern im emsländischen Papenburg. Zur Wochenendtagung mit dem Thema „Auswirkungen der Digitalisierung auf das Handwerk – wie gestalten und meistern wir die künftige Arbeitswelt?“ hatten die Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen, die Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und der ökumenische Landesarbeitskreis Handwerk und Kirchen in Niedersachsen eingeladen.
Prominenter Gast war der Präsident des Niedersächsischen Landtages Bernd Busemann, der die ständige Erreichbarkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Folge der Digitalisierung ansprach. Bereits heute, so Busemann, leide jeder dritte Arbeitnehmer unter berufsbedingtem Stress. Busemann betonte weiter die Notwendigkeit lebenslangen Lernens und die besondere Bedeutung der Handwerkskammern bei der Aus- und Fortbildung. Weitere Referenten der Arbeitstagung waren der Landessuperintendent des Sprengels Ostfriesland-Ems Dr. Detlef Klahr, der 1. Kreisrat des Landkreises Emsland Martin Gerenkamp, sowie Experten des Bundestechnologiezentrums für Elektrotechnologie in Oldenburg und der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim.
Landessuperintendent Dr. Klahr machte deutlich: „Es gibt keine Alternative, unsere Gesellschaft hat sich längst in eine digitale Gesellschaft gewandelt. Wir nehmen daran teil und sollten sie daher auch aktiv mitgestalten. Dies gilt für handwerkliche Arbeitsabläufe ebenso, wie für den breiten Raum der Kommunikation. Die Digitalisierung verändert die Welt, in der wir leben, in rapidem Tempo. Elektronisch gestützte Kommunikation bildet keine kulturelle Sondersphäre, sondern ist Teil unserer Lebenswelt.
Insbesondere mit Blick auf die Sozialen Netzwerke benannte Klahr die ethische Herausforderung: „Der Schutz der Privatsphäre, das Recht auf Vergessen und die Eigentumsrechte brauchen den besonderen Schutz durch den Gesetzgeber. Es kann nicht angehen, dass das Internet sich zu einem rechtsfreien Raum ausgestaltet."
Klahr betonte, dass insbesondere für Handwerk und Wirtschaft der digitale Netzausbau ebenso wichtig sei, wie die Aus- und Fortbildung der Mitarbeitenden in digitaler Kompetenz. Dies gälte in gleicher Weise auch für die Kirchen. „Nur so können auch die vielen Chancen sinnvoll genutzt werden, die eine digitale Gesellschaft bietet ", sagte der Regionalbischof für den Sprengel Ostfriesland-Ems.
Der Tagungsleiter Jörg Klein, Vizepräsident der Handwerkskammer für Ostfriesland und Präsidiumsmitglied der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen, betonte das schnelle Tempo bei der Digitalisierung der Wirtschafts- und Arbeitswelt. Damit seien neue Märkte und gewaltige Chancen verbunden. Es stelle sich auch nicht die Frage, ob wir Digitalisierung wollen oder nicht, denn ihr Fortgang hänge nicht von der Zustimmung des Handwerks ab. Klein: „Chance bedeutet auch immer Risiko. Deshalb ist es für uns Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wichtig, eine Vorstellung davon zu bekommen, was Digitalisierung beispielsweise für die Inhalte der Arbeit bedeutet und was sich im Blick auf neue Orte und Zeiten der Arbeit verändern wird. An der Entwicklung und Gestaltung neuer Lehrpläne und Berufsbilder wollen wir aktiv mitwirken.“
Der Handwerkspastor der Hannoverschen Landeskirche und Geschäftsführer des ökumenischen Landesarbeitskreises Handwerk und Kirchen, Claus Dreier, setzte sich mit der Frage auseinander, wie die Digitalisierung die Gesellschaft verändere.
Werde der einzelne Mensch immer weniger zählen, schließlich nur noch die, die alles entwickeln, bauen und kontrollieren können? Dreier: „Wir brauchen erfüllende Arbeit für Menschen mit allen Begabungen. Wenn am Ende der Digitalisierung die Entwertung der menschlichen Arbeit steht, dann ist die Gesellschaft schon jetzt auf dem Holzweg. Natürlich finden die Menschen es gut, wenn beispielsweise ihr Rasenmäher digital gesteuert für einen immer gepflegten Rasen sorgt, aber dagegen gar nicht, dass sie vielleicht einmal von einem Roboter gepflegt werden. Deshalb braucht Digitalisierung ein soziales Fundament und eine menschliche Perspektive." Kirchen und Handwerk, so Dreier, stünden darum in der Verantwortung, die sozialen Bedürfnisse und die menschlichen Herausforderungen in die Agenda der digitalen Gesellschaft einzutragen.
Zum Programm der Wochenendtagung gehörte auch eine Exkursion zur Meyer-Werft und die Teilnahme am Gottesdienst in der katholischen Kirchengemeinde St. Josef im Vosseberg.