Generalkonvent des Sprengels Ostfriesland-Ems in Emden
160 Pastorinnen und Pastoren aus dem Evangelisch-lutherischen Sprengel Ostfriesland-Ems waren der Einladung von Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr gefolgt und kamen zu ihrer jährlichen Zusammenkunft in die Johannes a Lasco Bibliothek nach Emden.
Der Generalkonvent dient gleichermaßen der Begegnung, dem Austausch, der Fortbildung und geistlichen Stärkung. Zudem berichten der Landesbischof, Landessuperintendent und der Vorsitzende des Pastorenausschusses, Pastor Arens aus Esens, über Aktuelles aus der Landeskirche und dem Sprengel. In einem Abendmahlsgottesdienst wird der Dienstjubiläen gedacht.
Die Arabistin und Übersetzerin Dr. Claudia Ott (Beedenbostel/Universität Göttingen) hielt den Hauptvortrag. Dr. Ott arbeitet an der Neuübersetzung von Tausendundeiner Nacht nach den ältesten arabischen Quellen und ist mit szenischen Lesungen, Erzählkonzerten und Vorträgen im ganzen deutschen Sprachraum bekannt.
„Auch die biblische Tradition lebt vom Erzählen. Erzählungen haben die Kraft, Menschen zusammenzubringen und zu verändern, ja, sogar Frieden zu schaffen“, sagte Regionalbischof Klahr. Die Bibel habe das Ziel, durch ihre Erzählungen Frieden zu schaffen. Pastoren würden in ihren Predigten die alten Texte immer wieder neu erzählen. Erzählen sei ein Grundbedürfnis von Menschen zu allen Zeiten. Das komme auch in den neuen Medien zum Vorschein. Erzählen verbinde Menschen und Kulturen. Und dies sei in unserer heutigen Gesellschaft besonders wichtig, so Klahr. Wenn wir die Erzähltraditionen anderer Kulturen würdigen und unsere eigene Erzähltradition bekannt machen, dann schaffe das Frieden, ist der Regionalbischof überzeugt.
Davon zeugt das konkrete Beispiel, das die Referentin vorstellte. Als Dr. Ott einen Kurs Arabisch für haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer gegeben habe, brachte sie den Helfern zunächst arabische Sprichwörter bei. Als die Flüchtlinge die ihnen bekannten Sprichwörter auf Arabisch hörten, fühlten diese sich gewertschätzt und es entstand eine aufgeschlossene Gesprächssituation.
Dr. Claudia Ott bietet erstmals eine deutsche Übersetzung einer Fassung von „Tausendundeiner Nacht“ aus dem 15. Jahrhundert, die als die älteste erhaltene arabische Ausgabe gilt und nach 282 Geschichten abbricht. Zudem hat sie im Jahr 2016 das Ende von Tausendundeine Nacht zugänglich gemacht. Sie ist die Erste, die die Handschrift vollständig durchgesehen und das Blätterchaos sortiert hat. Die Schlüsse, die es bisher gab, waren nachgemachte Verlegenheitsschlüsse, wie sie sagt. Nun aber habe sie, so Ott, mit der Übersetzung der 30 Seiten ein großartiges Ende des friedenschaffenden Erzählens zugänglich gemacht.
Die Erzählerin der Geschichten von Tausendundeiner Nacht erzählt um ihr Leben. Solange sie die Spannung aufrechterhalten kann, lässt der König sie nicht umbringen. Nachdem er von Frauen betrogen worden war, wollte er sich an allen Frauen rächen. Die Erzählerin aber stimmt den König mit den Waffen von Bildung und Literatur um. Die gesamte Bildung, die damals nur Männern zugänglich war, wurde hier erstmals von einer Frau verwendet. Ott freute sich: „Das älteste greifbare Ende ist ein glückliches Ende.“ Die Botschaft der Geschichten von Tausendundeiner Nacht sei: „Erzählen schafft Frieden!“ Das im Februar 2016 erschienene Buch heißt „Tausendundeine Nacht - Das glückliche Ende“.
Die Referentin zeigte sich sichtlich begeistert von der Aufmerksamkeit der Pastoren. Diese seien Erzählprofis. Sie hätten in professioneller Weise hauptberuflich mit Sprache zu tun. Ott machte darauf aufmerksam, dass alttestamentliche Bibeltexte auch altorientalische Texte seien. Und es gebe in den Geschichten von Tausendundeiner Nacht durchaus Bezüge zur Bibel, sogar eine Geschichte, die von Jesus und seinen Jüngern handle. Dadurch, dass Jesus zu einem Held einer Tausendundeiner Nacht Geschichte wurde, würden andere Religionen gewürdigt.
Die Geschichten von Tausendundeiner Nacht gehörten zur Weltliteratur, so Ott Sie seien älter als der Islam, das Christentum und die europäische Kultur und hätten weitergewirkt bis in die Märchen von den Gebrüdern Grimm.
Sie seien dazu da, jedem Unterhaltung zu bieten. Dies tun sie literarisch auf höchstem Niveau, seien aber nicht kompliziert. In diesen Erzählungen begegne ein lebensbejahender, toleranter und weltoffener Islam.
Als im Anschluss an den Vortrag von Dr. Claudia Ott Landesbischof Ralf Meister mit seinem Bericht über aktuelle Themen aus der Landeskirche Hannovers begann, fragte er: „Was ist eigentlich die Erzählung unserer Landeskirche?“ Dazu gehöre auf jeden Fall die Landessynode als symbolische Repräsentanz der Landeskirche und auch die gemeinsame Suche nach der Antwort auf die Frage, wo die Kirche im Jahr 2030 sein werde. „Wir sind aufgebrochen in eine Zukunft der Kirche, von der wir nicht wissen, wie sie sein wird. Diese Kirche wird wahrscheinlich an vielen Stellen deutlich anders sein, als die, die wir jetzt haben.“
Zur Erzählung unserer Landeskirche gehöre auch die Entwicklung einer neuen Verfassung. Erstmals konnte jeder, ob Kirchenmitglied oder nicht, den Verfassungsentwurf kommentieren.
In der kommenden Woche entscheide der Niedersächsische Landtag darüber, ob der Reformationstag gesetzlicher Feiertag werde. Dann sei es wichtig, dass der Reformationstag nicht als Luthergedenktag gefeiert werde, sondern im ökumenischen Miteinander verschiedener Konfessionen und Religionen. Auch ginge es darum, zentrale Elemente des Reformationstages für Menschen zu transportieren, die keine Heimat in der Kirche haben. Es sei zu bedenken, wie das Miteinander von Staat und Kirche in Zukunft gestaltet werden könne.
Ein weiteres Thema des bischöflichen Berichts war die Gestaltung des Jahres 2019 als Zeit für Freiräume. Dann sei Gelegenheit, Dinge anders zu tun oder auszusetzen, damit Freiräume entstehen könnten. Die Debatte über die Gestaltung des kommenden Jahres in den einzelnen Kirchengemeinden sei der erste wichtige Schritt. „Dieses Jahr ist eine geistliche Vorbereitung für die gemeinsame Suche nach einer Kirche von Morgen. Wenn wir uns nicht gemeinsam geistlich verorten, kann diese Suche nicht gelingen“, sagte Landesbischof Meister. „Ich wünsche mir, dass das Jahr 2019 zu einer gemeinsamen geistlichen Suchbewegung von Haupt- und Ehrenamtlichen wird.“