Genug für alle

Nachricht Emden, 01. Mai 2024

Dialog von Kirche und Gewerkschaft

Als Dialog zwischen Kirche und Gewerkschaft war der Gottesdienst am 1. Mai am Alten Hafentor in Emden zum Thema „Letzte werden Erste sein“ gestaltet. Regionalbischöfin Sabine Schiermeyer hielt mit dem ehemaligen Industrie- und Berufsschulpastor, Verdi-Mitglied Michael Schaper, eine Dialogpredigt. Johann Saathoff, Bundestagsabgeordneter (SPD) und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, hatte die Lesung des Predigttextes übernommen (Matthäus 20,1-16).

Der Zweite Bevollmächtigte der IG-Metall Emden, Thomas Preuß, sprach die Begrüßung auch im Namen des DGB und freute sich, dass ein Gottesdienst vor der Maikundgebung in Emden stattfand.

Letzte werden Erste sein

Das Motto des Gottesdienstes „Letzte werden Erste sein“ stammt aus dem Matthäusevangelium (Mt 20, 16). Die biblische Geschichte von den Arbeitern im Weinberg erzählt von der Güte Gottes. Trotz ungleicher Arbeitszeiten erhalten dort alle den gleichen Lohn. Dies gelte nach menschlichen Maßstäben als ungerecht und fordere unser Gerechtigkeitsverständnis heraus, sagte die Regionalbischöfin für den Evangelisch-lutherischen Sprengel Ostfriesland-Ems. In der neuen Welt Gottes sei genug für alle da. Wo genug für alle da sei, beginne der Himmel auf Erden, so Schiermeyer. Gönne dieses „Genug“ doch auch dem neben dir, sei eine Aussage dieses biblischen Gleichnisses.

Mehr Hoffnung, mehr Visionen, mehr Fantasie

„Wir brauchen nicht immer mehr, damit unser Leben gelingt. Wir brauchen die gerechte Verteilung der Güter und Vermögen. Wir brauchen den Blick über den Tellerrand auf eine andere Gesellschaft. Und den Mut, neue Wege dahin zu gehen“, sagte Pastor i.R. Schaper.

In der Logik unseres Gesellschaftssystems und dadurch auch in der Logik unseres Denkens sei das Ende von „immer mehr“ gleichbedeutend mit dem Beginn von „immer weniger“, so Schaper weiter. „Warum können wir uns nicht vorstellen, dass es auch ein ‚Genug‘ geben kann?“, hinterfragte Schaper den Slogan der Maikundgebung „Mehr Lohn, Freizeit, Sicherheit“.

Wir bräuchten mehr Hoffnung, mehr Visionen, mehr Fantasie als Wegweiser hin zu der neuen Welt Gottes, ist Schaper überzeugt. Es gehe um eine Perspektive der gesellschaftlichen Umwandlung in eine Welt voller Gerechtigkeit, Frieden und im Einklang mit der Natur.

Dialog zwischen Kirche und Gewerkschaft seit 28 Jahren

In Emden ist es seit 28 Jahren Tradition, dass sich vor Demonstration und Maikundgebung Gemeindeglieder, Gewerkschaftsmitglieder und Personen aus Politik und Arbeitswelt zu einer gottesdienstlichen Besinnung versammeln. Der ehemalige Industrie- und Berufsschulpastor aus Emden, Michael Schaper, hatte die Gottesdienste von Beginn an organisiert. Die Idee dazu hatten der ehemalige DGB-Vorsitzende Wilhelm Grix und der Personalratsvorsitzende der Stadt Emden, Erwin Petrikewitz.

„Seitdem gehört diese kleine besinnliche Feier zum Maifeiertag in Emden als Dialog zwischen Kirche und Gewerkschaft“, so Schaper, „denn wir haben zahlreiche Schnittstellen bei den Fragen zu sozialer Gerechtigkeit, Frieden und zukunftsfähigem Handeln.“