Vertraut den neuen Wegen

Pressemitteilung Geeste-Groß Hesepe, 07. April 2024

Regionalbischöfin Schiermeyer entwidmete die Markuskirche in Geeste-Groß Hesepe-Torfwerk

Regionalbischöfin Sabine Schiermeyer entwidmete am 7. April die Evangelisch-lutherische Markuskirche im Geester Ortsteil Groß Hesepe-Torfwerk. Zu diesem Anlass hatte sich eine große, ökumenische Gemeinde in dem Gotteshaus versammelt.

In ihrer Predigt über die biblische Geschichte vom zweifelnden Thomas (Johannesevangelium 20,19-29) am ersten Sonntag nach dem Osterfest sagte die Regionalbischöfin für den Evangelisch-lutherischen Sprengel Ostfriesland-Ems: „Wir verabschieden uns und trauern. Wir brauchen es, das gemeinsam zu tun. Zusammen erinnern wir uns, was gewesen ist in 56 Jahren. Bilder steigen auf, Erinnerungen an Gottesdienstmomente, an Abendmahlsrunden, an das überschwängliche Glück auf den Gesichtern eines Brautpaares, an Wasser, das im wunderschönen Taufrund des Kirchraums einem Kind auf die Stirn gestrichen wurde, an das Verlesen der Namen Verstorbener, an unzählige gesungene Lieder, an Orgelklang und Predigtwort, an Festgottesdienstfülle und leere Bänke. Die leeren Bänke gehören auch in das Erinnern, denn die Entwidmung dieser Kirche kommt nicht aus dem Nichts. Sie ist ein Ergebnis eines Auszugs. Die Wunde der aufgegebenen Kirche wird uns bleiben. Schämen wir uns nicht, sie zu tragen, sie gehört zu unserem Kirchesein in dieser Zeit dazu.“

Thorsten Jacobs, Ortspastor der seit 2012 pfarramtlich verbundenen Kirchengemeinden Dalum und Twist und Kirchenkreisjugendpastor, führte durch den Gottesdienst. Regionalbischöfin Sabine Schiermeyer nahm die Entwidmung vor. Der Superintendent des Kirchenkreises Emsland Bentheim, Dr. Bernd Brauer, Pfarrer Jürgen Altmeppen vom katholischen Pfarreienverbund Geeste, Diakon und Kirchenkreisjugendwart Philip Krieger, Prädikantin Edeltraut Prange und Lektor Reinhard Wenzel wirkten im Gottesdient mit. Organistin Albina Rachmanin und die Band Capo d'Asta unter Leitung von Hubert Thater sorgten für die musikalische Gestaltung.

„Auch die wunderbare und festliche Musik können nicht über den traurigen Anlass hinwegtäuschen, der uns heute hier zusammenführt“,  sagte Pastor Jacobs. „Seit 1967 hat sich die Gemeinde in dieser Kirche versammelt. Heute nun nehmen wir Abschied, feiern das letzte Mal Gottesdienst und das Abendmahl, schließen die Türen, schauen zurück auf das, was war, was uns innerlich bewegt und auch auf das, was uns trägt und was wir zukünftig erhoffen“, so Jacobs weiter.

Die zukünftigen Herausforderungen und den Schmerz über die Entwidmung verband Jacobs  mit Hoffnung und Zuversicht: „Wir nehmen Abschied und trennen uns von einer unserer Kirchen. Das gehört zu den schmerzhaftesten und schwierigsten Entscheidungen eines Kirchenvorstandes und Pfarramtes. Die Gemeinde aber besteht trotzdem weiterhin, anders, aber sie wird weiter bestehen, weil wir auf Jesu Wort vertrauen: 'Fürchtet euch nicht. Ich bin bei euch, alle Tage bis an der Welt Ende.'“

Zu den Ehrengästen gehörte Landrat Marc-André Burgdorf, Bürgermeister Helmut Höke und die Ehrenkirchenvorsteher Heinz Jesgarzewski und Manfred Rogin.

In einem kurzen Grußwort betonte der Landrat vom Landkreis Emsland, Marc-André Burgdorf, die Bedeutung der Kirchen. Theologische Fragen können nicht nur soziologisch beantwortet werden. Es bleibe die Aufgabe Gottes, zu wirken. Eindrücklich stellte Burgdorf heraus, was Christen heute tun könnten: „Gehen wir hinaus und verkünden das Evangelium. Das wünsche ich mir als Christ, das wünsche ich mir als Landrat. Gesellschaft braucht Kirche, nicht nur aus Gründen der caritativen Liebe, die sie gut und wohltuend für die Gesellschaft erfüllt. Sondern auch, weil sie der Gesellschaft Werte gibt, ohne die die Gesellschaft in Wahrheit nicht leben könnte.“

Bürgermeister Helmut Höke von der Gemeinde Geeste bezog sich auf den aktuellen Prozess, der zum Aufgeben von Kirchengebäuden führe, wie er auch im Ortsteil Geeste-Osterbock bereits stattgefunden habe, und sagte die Unterstützung der Gemeinde für die Umsetzung eines neuen Nutzungskonzeptes der Kirche zu.

Pfarrer Jürgen Altmeppen betonte die gute ökumenische Verbundenheit und ermunterte zu einer neuen Perspektive, in der auch ein Abschied wie in der Ostererzählung Chance und Neubeginn bedeuten könne. „Unsere katholische Kirche in Hesepe steht euch für alle gottesdienstlichen Feiern jederzeit zur Verfügung“, lud der Geistliche die lutherischen Glaubensgeschwister ein.

Superintendent Dr. Bernd Brauer benannte im Vergleich zu der Zeit, in der die Markuskirche gebaut wurde, die geänderten Bedingungen und Herausforderungen, heute Kirche vor Ort zu sein und ermunterte die Kirchengemeinde Dalum, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten.

Im Anschluss an die Grußworte und die Abendmahlsfeier entwidmete Regionalbischöfin Schiermeyer die Markuskirche. Nach Gesang, Texten, Gebeten und dem Lied „Vertraut den neuen Wegen“ wurden die Sakralgegenstände durch den Kirchenvorstand, die beteiligten Liturginnen und Liturgen, der ehemaligen und langjährigen Küsterin Ute Stenzel sowie der begleitenden Fahnenabordnung des örtlichen Schützenvereins St. Georg in Stille aus der Kirche getragen. Orgel und Glocken blieben stumm.

Im Anschluss an die Entwidmungsfeierlichkeit versammelte sich die Gemeinde im Gemeindesaal zu einem abschließenden Empfang, um das Erlebte gemeinsam nachwirken zu lassen. Pastor Jacobs dankte allen Beteiligten für die Vorbereitung und Durchführung der würdigen Feierlichkeit und auch der Bischöfin für die einfühlsame Begleitung der Entwidmung der Markuskirche.

Die Entscheidung zur Entwidmung

Die Markuskirche ist eine von drei Kirchen, die neben der denkmalgeschützen Pauluskirche in Dalum aus dem Jahr 1950 und der Johanneskapelle, Mutterkirche aus dem Jahr 1938, zur lutherischen Kirchengemeinde in Dalum gehört. 1967 wurde die Kirche in der Siedlung Torfwerk nach Plänen des Architekten Nikolaus Johannsen aus Osnabrück unter großer Beteiligung der Bevölkerung eingeweiht.

Die stark schwindenden Besuchszahlen der angebotenen Gottesdienste und der Nutzungsnachfragen durch Gruppen in der Markuskirche mit angrenzendem Gemeindesaal in den letzten Jahren, zusätzlich im Laufe der Jahre unverhältnismäßig hohe Betriebskosten und auferlegte Sparzwänge durch Kirchenkreis und Landeskirche zwangen den Kirchenvorstand, zunächst neue Nutzungskonzepte zu erstellen, erklärte Pastor Jacobs die Entscheidung zur Entwidmung. Viele Jahre wurde nach entsprechenden alternativen und ergänzenden Nutzungsmöglichkeiten gesucht, die auch den Erhalt des Kirchenraumes ermöglichen sollten.

Überlegungen, den Kirchenkreisjugenddienst, Abteilungen des Kirchenkreisamtes oder die Lektoren- und Prädikantenausbildung hier einziehen zu lassen, erwiesen sich als nicht aussichtsreich oder umsetzbar. Auch das Einrichten einer Tagespflegeeinrichtung scheiterte durch entsprechende Gutachten. Trotz vielfacher Bemühungen konnte ein adäquates und finanzierbares Nutzungskonzept zum Erhalt der Kirche nicht erstellt werden.

Im Jahr 2018 erfolgte der grundsätzliche Kirchenvorstandsbeschluss zur Veräußerung der Kirche. 2024 fiel dann die Entscheidung, das Kirchengebäude samt Grundstück privaten und öffentlichen Anbietern zu überlassen, da sich eine innerkirchliche Option als nicht realisierbar erwies. Die weitere Nutzung des ehemaligen Gotteshauses als privater Wohnraum, Ausstellungsraum mit Café oder ähnlichem ist derzeit noch offen.