Pastorin sei ihr Traumberuf, so habe es Sabine Schiermeyer schon vor 30 Jahren gesagt und es sei bis heute ihr Traumberuf geblieben, stellte Landesbischof Ralf Meister den rund 400 Gottesdienstbesuchern die neue Regionalbischöfin für den Evangelisch-lutherischen Sprengel Ostfriesland-Ems vor. Die Leidenschaft für ihren Traumberuf habe nicht nachgelassen, so Meister. Aus fast allen ihrer biografischen Stationen waren Menschen in die Martin-Luther-Kirche nach Emden gekommen, aus Fallersleben, Osnabrück, Banteln, Rinteln, und aus dem Kirchenkreis Stolzenau-Loccum.
Festliche Klänge
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von Kirchenmusikdirektor Johannes Geßner an der Orgel, von dem Sprengel-Ensemble mit Landesposaunenwart Hayo Bunger, von der Kantorei Emden unter der Leitung von Kirchenkreiskantor Marc Waskowiak mit Brigitte Höhn am Klavier, Doris Reinke (Gesang) und Lina Waskowiak (Orgel und Schlagzeug).
Natürlich und unbefangen – pragmatisch und klar
Sabine Schiermeyer sei natürlich und unbefangen im Umgang mit den Menschen, habe in ihren Gemeinden ein hohes Maß an Akzeptanz gefunden und bei nicht wenigen Motivation zur aktiven Beteiligung am Gemeindeleben geschaffen, beschrieb Landesbischof Meister ihr pastorales Wirken. Sie gehe pragmatisch und klar an die anstehenden Aufgaben heran und habe ein Gespür für die Not und die Fragen der Menschen. Die Fragen an die Kirchen würden größer, die Zweifel stärker, sagte Landesbischof Meister angesichts der Studie über sexualisierte Gewalt in den evangelischen Kirchen.
Gotteswort und Menschenwort unterscheiden
Die Regionalbischöfin fand deutliche Worte im Gottesdienst: Narzisstische Egotrips und sexualisierte Gewalt dürfe es nicht unter dem Deckmantel der Worte „Gott hat dich lieb“ geben. „Schlimmer kann man das Evangelium nicht korrumpieren“, sagte Schiermeyer. Das sich durchsetzende Gotteswort war Thema ihrer Predigt über ihren Ordinationsspruch aus Jesaja 55, Vers 10 und 11. Dazu gehöre auch die Unterscheidung von Gotteswort und Menschenwort.
Gottes Wort sei lebensschöpfend und Welten schaffend. Es wecke Hoffnung, dass nichts so bleiben müsse, wie es ist; dass Freude und Frieden das Ziel bleiben. Gott berühre ein Menschenleben so, dass in ihm der ganz eigene Ton erklinge, den nur dieses Leben geben könne. Er mache Mut, dass die Zukunft immer noch Schätze bereithalte. „Worte von Gott lassen hoffen, rücken Dinge in ein anderes Licht, werden Wegbegleiter für ein ganzes Leben.“
Rückblickend auf ihren bisherigen Dienst als Pastorin sagte die 56-Jährige: „Die Kirche, in die ich hinein ordiniert wurde, gibt es nicht mehr.“ Veränderung gehöre zur Kirche dazu.
„Ein herausfordernder Weg liegt vor uns. Die ForuM-Studie zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Kirche hat schwer beschädigt, wofür viele von uns seit vielen Jahren arbeiten. Meine Kirche bleibt meine Kirche, das steht gar nicht zur Debatte. Aber ich möchte, dass die Kirche, und die bin ich auch mit meinem Gesicht und meinem Leben, Buße tut. Dazu gehören der ehrliche Blick auf Fehler und Versäumnisse, das Klären der Verantwortung und die Umsetzung von Konsequenzen. Wir werden als Kirche daran gemessen werden, wie schnell und konsequent wir dafür sorgen, dass wir sind, was wir sein wollen: Ein sicherer Raum, in dem Menschen etwas von dem großen Ja Gottes zu ihnen erfahren. Ein Raum, in dem wir einander vertrauen können. Dafür möchte ich mit Ihnen arbeiten“, sagte Regionalbischöfin Schiermeyer in ihrem Schlusswort.
Grußworte aus Politik, Kultur und Ökumene
Unmittelbar an den Gottesdienst schlossen sich drei Grußworte aus den Bereichen Politik, Kultur und Ökumene an.
Das Motto des Kirchentags in Hannover 2025 „mutig – stark – beherzt“ könnte auch jetzt schon ein Motto für den Sprengel Ostfriesland-Ems sein, sagte die Vizepräsidentin des Niedersächsischen Landtags, Meta Janssen-Kucz. Der Satz aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther wolle den Menschen Mut machen. Er sei aber auch ein Arbeitsauftrag für eine bunte Gesellschaft, für eine Gemeinschaft in Vielfalt zu streiten.
Die Politikerin freue sich auf die zukünftige Zusammenarbeit im Sprengel und betonte, dass dies gerade jetzt wichtig sei, „in unruhigen Zeiten, in Zeiten, in denen wir uns alle für unsere Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stark machen müssen“. Es sei eine gemeinsame Aufgabe, zu integrieren, das Gespräch mit den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zu suchen. „Wir alle sind in herausfordernden Zeiten aufgerufen, nicht wegzusehen und nicht auszugrenzen. Unser gesellschaftlicher Zusammenhalt basiert auf gegenseitiger Toleranz, Akzeptanz und Respekt, die wir täglich gemeinsam aufs Neue leben müssen.“ Oder wie es das Markusevangelium formuliere: „Du sollst Deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“ Es gehe darum, gemeinsam das Fundament der freiheitlichen Demokratie zu verteidigen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Landschaftspräsident Rico Mecklenburg hieß Regionalbischöfin Schiermeyer willkommen und begrüßte sie zur zukünftigen Zusammenarbeit für Geschichte, Kunst und Kultur in Ostfriesland. „Sie haben ihr Amt in einer sehr herausfordernden Zeit übernommen“, so der Präsident der Ostfriesischen Landschaft. Gerade jetzt bräuchten die Menschen Vertrauen, Zuwendung, Trost, Hoffnung und Liebe.
Kirchenpräsidentin Dr. Susanne Bei der Wieden betonte das ökumenische Miteinander, das gemeinsame Aufstehen gegen Unrecht und Menschenverachtung, gegen rechtsextreme Parolen und gegen die leisen Töne, die die Demokratie gefährden. Ein Beieinander-Stehen sei zudem wichtig in der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in den Kirchen über Gemeinde- und Konfessionsgrenzen hinweg. Auch die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und die Umbrüche in der Landwirtschaft müssten gemeinsam in den Blick genommen werden. Gegenüber den Fragen, die die wachsende Säkularisierung mit sich bringe, dürfe man sich nicht im Konkurrenzkampf um die restlichen Getreuen verrennen.
Bei der Wieden freut sich über die ökumenische Vielfalt in Ostfriesland, dem Emsland und der Grafschaft Bentheim und ermuntert dazu, sich auf dem guten Grund des Evangeliums gemeinsam zu engagieren.
Informationen
Sabine Schiermeyer (56) folgt als Regionalbischöfin auf Dr. Detlef Klahr, der das Amt 16 Jahre lang ausübte und Ende August 2023 in den Ruhestand verabschiedet wurde.
Schiermeyer ist in Ostercappeln bei Osnabrück geboren, ging in Bad Essen zur Schule und studierte Evangelische Theologie in Münster und Göttingen. Das Vikariat absolvierte sie in Fallersleben und im Predigerseminar Hildesheim. 1997 wurde Sabine Schiermeyer in Rhode (Kirchenkreis Wolfsburg) zur Pastorin ordiniert. 2002 wechselte sie in die Kirchengemeinde Fallersleben. Nach einer Elternzeit arbeitete sie als Pastorin zunächst in Osnabrück und danach in Banteln (Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld). Von 2014 bis 2021 war Sabine Schiermeyer Pastorin in Rinteln, ab September 2021 Superintendentin des Kirchenkreises Stolzenau-Loccum.
Sabine Schiermeyer ist als Autorin und Sprecherin von Andachten im Hörfunk, den „Zwischentönen“ auf NDR 1 Niedersachsen, bekannt. Sie ist verheiratet mit Dietmar Rehse und Mutter von drei Kindern im Alter von 23, 21 und 17 Jahren.
Sprengel Ostfriesland-Ems
Der Sprengel Ostfriesland-Ems ist mit einer beinahe 170 Kilometer langen Nord-Süd-Achse der längste der sechs Bezirke der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Die 155 Kirchen- und Kapellengemeinden mit rund 297 000 Mitgliedern verteilen sich auf die sechs Kirchenkreise Aurich, Emden-Leer, Emsland-Bentheim, Harlingerland, Norden und Rhauderfehn. Der Amtssitz der Regionalbischöfin ist Emden. Die dortige Martin-Luther-Kirche ist ihre Predigtkirche.