Kirchenkreis ruft Aktion ins Leben - Frank Schüür koordiniert das Projekt
Rhauderfehn - Ein Ehepaar zieht nach Rhauderfehn. Das Paar ist in seiner neuen Heimat auf sich selbst fokussiert. Dann stirbt ein Partner, der andere bleibt allein zurück. Als Paar hatte man sich nicht um Freundschaften, Vereinsmitgliedschaften oder Ehrenamtstätigkeiten gekümmert. Auch das Plattdeutsche könnte als Hemmnis für Kontaktaufnahme empfunden werden. Was bleibt, ist die große Einsamkeit. Solche und ähnliche Situationen sollen frühzeitig erkannt und begleitet werden.
Eigens dafür konnte mit Unterstützung der Stiftung Deutsche Fernsehlotterie für den Landkreis Leer das Projekt „Gemeinsam gegen Einsamkeit“ ins Leben gerufen werden. Kopf des Projekts ist Frank Schüür (60), Altenseelsorger des Kirchenkreises Rhauderfehn. Sein neuer Posten ist sein Traumjob. Auf seiner Agenda stehen zahlreiche und vielfältige Projekte für mehr Gemeinsamkeit statt Einsamkeit.
„Es ist mein Traumjob fürs Leben“
„Ich bin sehr froh, auserkoren zu sein. Es ist mein Traumjob fürs Leben“, betonte der Leeraner Frank Schüür im Rahmen der Projektpräsentation im Gemeindehaus der Hoffnungskirche Westrhauderfehn. Die Förderung der Stiftung Deutsche Fernsehlotterie in Höhe von rund 230.000 Euro deckt 80 Prozent der Kosten des Projekts „Gemeinsam gegen Einsamkeit“ ab. Den Rest übernehmen der Kirchenkreis sowie Dritte. Dies ermöglichte die Schaffung einer Projektstelle für drei Jahre. Schüür besetzt den neuen Posten. An seiner Seite stehen Diakonin Carmen Collmann und Dr. Klaus Bajohr-Mau, Pastor für Altenseelsorge.
Ziel des dreiköpfigen Teams ist es, der zunehmenden Vereinsamung älterer, hochaltriger sowie alleinlebender Menschen entgegenzuwirken. Schüür unterstrich die hohe Relevanz des Themas. Der Landkreis Leer sei geprägt von einer stark alternden Bevölkerung, einem hohen Anteil Pflegebedürftiger sowie sozialer Isolation durch Zuzug und fehlende Bindungen. Auch das Plattdeutsche könne als Sprachbarriere wirken. Die einzelnen Angebote sollen konfessionsübergreifend und niedrigschwellig sein und im gesamten Kirchenkreis Rhauderfehn umgesetzt werden. Auch Anfragen aus dem gesamten Kreisgebiet werden beantwortet, umriss der 60-Jährige den Projektradius. Kooperationen beispielsweise mit Kirchen und Sportvereinen werden dafür angestrebt. Herausfordernd sei, einsame Menschen und entsprechende Angebote zur Vermeidung von Einsamkeit zusammenzubringen, schilderte der Altenseelsorger.
Bereits vor drei Jahren wurde mit dem „Markt der Möglichkeiten“ ein erster Anlauf gestartet. Doch schnell habe sich herausgestellt, es brauche neue, angepasste Konzepte. Ein Projektplan wurde erarbeitet und zwecks Finanzierung bei der Fernsehlotterie eingereicht. Das sei ein langer Prozess gewesen, nun beginne die praktische Umsetzung.
Teilprojekte sollen Lösungen schaffen
Folgende Teilprojekte sind unter anderem geplant beziehungsweise in der Umsetzung: niedrigschwellige, wohnortnahe Bewegungsangebote für Ältere, wie zum Beispiel gemeinsam 3000 Schritte gehen mit Kaffee und Kuchen im Anschluss; Schaffung eines Telefonpatenprojektes durch Schulung zu Einsamkeitslotsen; Vorträge und Öffentlichkeitsarbeit unter anderem zu den Themen Pflegeversicherung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Krankheitsbilder, Freizeitgestaltung; individuelle Beratungen zu Einsamkeit; Sicherheitstraining mit Rollator und Pedelec; Ausrichtung von Senioren- und Gesundheitsmessen, verstärkte Nutzung der digitalen Anfrageplattform „Re-care Deutschland“ und Gewi-Net für die Suche nach Pflegeheimplätzen und Pflegediensten; Angebote zu Fallprophylaxe und Trittsicherheit; neue Formate umsetzen wie „Tied Miteinander“ oder „Wie gewinne ich neue Freunde im Alter“.
„Ich bin euphorisch und glaube an das Projekt. Wir haben einen tollen Start hingelegt und denken schon jetzt an die Zeit nach den drei Jahren“, sagte Schüür. Mit über 40 Jahren Netzwerkarbeit verfüge er über zahlreiche Kontakte, die viele Türen öffneten. Er arbeite aktiv an der Verlängerung und Verankerung des Projekts als Dauerangebot. Dafür seien viele Gespräche notwendig, doch der Optimismus überwiege.
Leuchtturmcharakter für die Region
„Den Mitmenschen Freude zu machen und Orientierung und Sicherheit zu geben, ist doch das Beste, was der Mensch tun kann“, schloss Schüür. Superintendent Thomas Kersten betonte die biblische Grundlage des Projekts mit einem Bibelzitat: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“ Das Projekt könne Leuchtturmcharakter für andere Regionen haben, so Kersten.
Frank Schüür ist in Leer geboren und aufgewachsen, spricht Plattdeutsch und fühlt sich mit der Region tief verbunden. In seiner Freizeit ist er begeisterter Camper mit festem Platz in Lathen am Naturschutzgebiet. Der 60-Jährige ist engagierter Ehrenamtler als Vorstandsmitglied der Lebenshilfe Leer und des Fördervereins Schutzengelhuus Michael. Zudem ist Schüür Übungsleiter und Vorsitzender des Turnkreises Leer im Niedersächsischen Turnerbund und Abteilungsleiter beim Turnen Gesundheitssport SV Frisia Loga. Am Amtsgericht Leer ist Schüür seit 18 Jahren als Schöffe im Einsatz.
Weitere Infos zum Projekt unter https://leben-statt-einsamkeit.wir-e.de/willkommen.
Text: Clarissa Scherzer Bild: GA