Eine Stimme aus der Medizin
„Ist es ärztliche Aufgabe, beim Suizid zu helfen?“, fragte Professor Dr. Rudolph Raab, Ärztlicher Geschäftsführer am Klinikum Bayreuth.
Ärztliche Aufgabe sei das Heilen und Lindern von Schmerzen, nicht das Töten. Es gehe vorrangig darum, Leiden zu mindern, sagte der Viszeralchirurg, der in der Abdominalchirurgie mit organübergreifenden Tumoren zu tun hat.
Unbedingt zu unterscheiden sei die Hilfe beim Sterben von der Hilfe zum Sterben, so Raab. Diese Grenze hätten die Ärzte zu beachten. Eine Hilfe zum Suizid könne nie Routine sein und auch niemals ein kommerzielles Unterfangen. Dass die Assistenz beim Suizid keine ärztliche Aufgabe sein könne, ergebe sich aus der Ehrfurcht vor dem Leben, so wie es in der Berufsordnung für Ärzte geregelt sei.
Raab gab zu bedenken, dass es auf diese Fragen keine allgemeingültige Antwort geben könne, sondern im Einzelfall zu entscheiden sei. Jede einzelne Entscheidung sei eine außergewöhnliche und einzigartige, bei der man sich immer frage, „wie gut kenne ich den Menschen?“. Es dürfe für den Betroffenen keinen Handlungsdruck geben. Dies sei angesichts der Tatsache, dass sich die Zahl der Pflegebedürftigen zukünftig verdreifache, von besonderer Dringlichkeit.
Der Mediziner, der auch Philosophie studiert hatte, gab einen Einblick in die Philosophiegeschichte. Von den frühesten Philosophen an bestehe die Ansicht, dass das Sterben notwendiger Bestandteil des Lebens sei. „Wir sind als Menschen gefangen in Raum und Zeit. Alles muss für uns eine Grenze haben, damit wir es erkennen und definieren können. Der Tod ist die zentrale Bedingung des Menschseins. Leben heißt Sterben lernen“, so Raab.
Der englische Dichter Shakespeare habe mit der Person Hamlet jemanden beschrieben, der am Leben verzweifelt und über Selbsttötung nachdenkt, wie mit „den Pfeilen und Schleudern des wütenden Geschicks“ umzugehen sei, doch als die Liebe seines Lebens den Raum betritt, hört er auf, über seinen Suizid nachzudenken. „Die Liebe vertreibt den Gedanken an den Tod“, das sei nach wie vor im Blick zu behalten, sagte Raab.