Wort von Regionalbischof Klahr zum Reformationstag
Veränderungen gehören zum Leben. Das ist eine Einsicht, der sich niemand entziehen kann.
Dabei haben wir Menschen grundsätzlich den Wunsch, dass doch möglichst alles so bleiben möge, wie es ist. Vertrautes und Gewohntes geben Sicherheit. Neues und Ungewohntes dagegen schaffen Unsicherheit und Angst.
Augenblicklich erleben wir das alltägliche Leben und auch das Miteinander in der Gesellschaft als besonders herausfordernd. Vieles ist anders, als wir es gewohnt waren. Die Pandemie hat unser Leben konkret verändert und wohl auch die Sicht auf das Leben insgesamt. Immer wieder ist der Wunsch nach dem gewohnten Leben zu hören, vor allem nach einem ungezwungenen Miteinander ohne Masken und Sicherheitsabstände und ohne Angst vor unberechenbarer Krankheit.
Alle Veränderungen des Lebens sind Herausforderungen. Dieser Hintergrund ist wichtig, wenn wir uns zum Reformationstag an die Reformation erinnern. Es erfordert Mut, alles ganz anders zu machen im Glauben und auch im Leben, Neues nicht nur zu denken, sondern auch umzusetzen. Martin Luther hat diesen Mut bewiesen, indem er nicht nur die Veränderungen des Lebens im Allgemeinen bewältigen musste, sondern zugleich neue und dabei gravierende Veränderungen gedacht und umgesetzt hat.
Vorher war er ein Priester der katholischen Kirche, der die Heilige Messe feierte, dann ein Pastor, der das Abendmahl mit der Gemeinde mit Brot und Wein feiert.
Vorher ein Eiferer, wenn es um die frommen Werke ging, dann voller Vertrauen auf Gottes Gerechtigkeit und seine Gnade. Vorher ein eheloser Mönch, dann ein verheirateter Pastor und Vater. Vorher der Welt im Kloster entzogen, dann der Welt zugewandt, um sie tatkräftig mit zu gestalten.
Vorher wurden lateinische Bibeltexte gelesen und Gottesdienste in lateinischer Sprache gefeiert, dann die Bibel in deutscher Sprache und Lieder, die jeder verstehen und mitsingen kann.
Vorher die Trennung zwischen Priestern und Laien, dann eine Kirche, in der alle Verantwortung für das Evangelium haben, Haupt- und Ehrenamtliche in gleicher Weise.
Woher kam bei Martin Luther der Mut zu so vielen grundlegenden Veränderungen? Aus seiner Beschäftigung mit Gottes Wort.
Das Lesen der Bibel und das Vertrauen darauf, dass die Bibelgeschichten mit den Geschichten des eigenen Lebens zu tun haben, hat für Luther alles verändert.
Er wusste dann: Es kann nicht so bleiben, wie es ist.
Im Vertrauen auf Gottes Wort ist Neues zu wagen - damals und auch heute.