Bewahrt

Nachricht Emden, 17. Februar 2021

Passionsandacht als Dialog zwischen Kunst und Kirche

Am Aschermittwoch, den 17. Februar 2021, begann die Reihe der sechs Passionsandachten unter dem Motto „Wüstenwege“ in der Martin Luther Kirche in Emden. Unter dem Thema „Bewahrt“ wurden den 60 Gottesdienstbesuchern ein Bild aus dem Ostfriesischen Landesmuseum Emden und der dazu passende Bibeltext aus 2. Mose 17,3-7 vorgestellt. Kantor Marc Waskowiak (Klavier) und seine Tochter Marie (Querflöte) gestalteten die Andacht musikalisch.  

In diesem Jahr finden die Passionsandachten nicht wie in den vorigen Jahren im Rummel des Ostfriesischen Landesmuseums statt, sondern unter Berücksichtigung der erforderlichen Corona-Schutzmaßnahmen in der Martin-Luther-Kirche Emden.

Seit 13 Jahren werden die Passionsandachten als Dialog zwischen Kunst und Kirche gestaltet. Während der Passionszeit laden das Ostfriesische Landesmuseum Emden, der Sprengel Ostfriesland-Ems und die lutherischen Kirchengemeinden Emdens vom 17. Februar bis zum 24. März 2021 jeden Mittwoch um 18.15 Uhr zu Passionsandachten in die Kulturkirche Martin-Luther Emden, Bollwerkstr. 9, ein. In diesem Jahr wird die Veranstaltungsreihe von der Hanns-Lilje-Stiftung unterstützt.

Bilder aus verschiedenen Epochen und Kunststilen, die Aspekte des Themas „Wüste“ beinhalten, stehen in den diesjährigen Passionsandachten im Mittelpunkt des Dialogs zwischen Kunst und Kirche. 

Kunstgeschichtliche Betrachtung

Dr. Annette Kanzenbach, Kunsthistorikerin, Ostfriesisches Landesmuseum Emden, sprach über das Bild von Johan Vorhagen, Mose schlägt Wasser aus dem Felsen, 1577, und stellte dieses Bild als Denkmal für die Integration der Glaubensflüchtlinge in der Stadt Emden vor: "Es ist im Ostfriesischen Landesmuseum Emden ausgestellt. Sein ursprünglicher Präsentationsort war das Emder Rathaus, wo es schon 1576 oder 1577, also vor etwa 450 Jahren seinen Platz im Ratssaal fand.

Mit seinen 1 1/2 m in der Höhe und 2 m in der Breite ist es kein Gemälde, das man sich in einem Bürgerhaus so ohne weiteres vorstellen kann. Für dieses großformatige Gemälde spricht aber nicht nur seine Größe dafür, dass es von Anfang an für das Rathaus bestimmt war.

Gemalt wurde es von Johan Vorhagen, über den wir leider nicht viel wissen, nicht einmal die genaue Schreibweise seines Namens. Aber wir haben noch ein zweites, signiertes Gemälde von ihm, das ebenfalls im Museum zu sehen ist. … 

Erzählt wird eine Episode der Geschichte des Volkes Israel, wie sie im Alten Testament, 2. Buch Mose, Kapitel 17, berichtet wird. Unter der Führung von Mose war das Volk Israel aus Ägypten fortgezogen, um der Unterdrückung zu entgehen und den eigenen Glauben leben zu können.

Es folgte eine lange, entbehrungsreiche Wanderschaft mit Zeiten großer Not. Als Mose es durch die Wüste führte, fehlte es an Wasser. Die Menschen sahen sich und ihre Familien verdursten. Sie begannen, an Mose und an ihrem Gott zu zweifeln und Vorwürfe zu machen. In seiner Not rief Mose Gott an, der ihm die Kraft verlieh, mit seinem Stab, mit dem er den Nil geteilt hatte, aus den Felsen am Horeb Wasser zu schlagen. Die Menschen waren gerettet. …

Der Maler selbst hat sich mit seiner Gattin in dem Bild porträtiert. Dass Johan Vorhagen ein in den südlichen Niederlanden sehr gut ausgebildeter Künstler war, lässt auch schon der spezifische Malstil des Gemäldes erkennen. Ausgezeichnet hat er die schwierige Aufgabe einer vielfigurigen Komposition bewältigt.

Die Art und Weise, wie er es tat, zeigt uns, dass er mit der Antwerpener Malerei der Zeit bestens vertraut war, - mit der des berühmten Frans Floris (1517-1570) und mit der von dessen Schüler Marten de Vos (1532-1603). Vermutlich also gehörte Johan Vorhagen zu den um 1570 in großer Zahl aus Antwerpen nach Emden gekommenen Glaubensflüchtlingen. Leider verstarb der Maler bereits 1576, nachdem er dieses und ein zweites Gemälde im Emder Rathaus geschaffen hatte. …“
 

Theologische Auslegung

Regionalbischof Dr. Detlef Klahr konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht wie vorgesehen selbst die Reihe der Passionsandachten eröffnen. Seine Pressesprecherin, Pastorin Dr. Hannegreth Grundmann, führte durch die Andacht und las einen Text des Regionalbischofs vor, in dem er die passende Bibelstelle zum Bild, 2. Mose 17,3-7 auslegte und aktualisierte: „…Wüstenwege. Das bedeutet Einsamkeit und Entbehrung. Und es bedeutet auch, niemand kann mit Gewissheit sagen, wie es ausgehen wird, oder wann der Weg zu Ende sein wird.

Nein, wir gehen nicht vierzig Jahre durch die Wüste.
Aber wir alle kennen Zeiten unseres Lebens, die wir als Wüstenzeiten bezeichnen.
Vielleicht zählen wir auch gerade diese unsere Zeit dazu.
„Wie lange noch?“, so lautet auch jetzt die bange Frage. Und die Erfahrung von Verzicht, Angst, Einsamkeit und mancher Entbehrung gehören auch dazu. Wir alle merken, wie es dauern kann. Ein Monat, ein Jahr. Wann wird wieder alles normal sein?

Doch, wir alle kennen Wüstenzeiten!

Manchmal durchwandern Menschen Zeiten in ihrem Leben, die ihnen wie eine Wüstenwanderung vorkommen. …“    
 

Das Programm der Passionsandachten in der Kulturkirche Martin-Luther im Überblick; mittwochs um 18.15 Uhr

17.02.2021: „Bewahrt“

Dr. Annette Kanzenbach, Kunsthistorikerin, Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Regionalbischof Dr. Detlef Klahr, Sprengel Ostfriesland-Ems 
 
Musik: Marie Waskowiak (Querflöte) und Kantor Marc Waskowiak (Orgel/Klavier)
 
Bild: Johan Vorhagen: Mose schlägt Wasser aus dem Felsen, 1577, Ostfriesisches Landesmuseum Emden, 
 
Bibeltexte: 2. Mose 17,3-7 und Johannes 4,10
 
 

24.02.2021: „Angefochten“ 

Ilse Frerichs, Museumspädagogin, Ostfriesisches Landesmuseum Emden
 
Pastorin Vera Koch, Johannesgemeinde Emden und Ev.-luth. Kirchengemeinde Loquard
 
Musik: Esther Waskowiak (Cello) und Kantor Marc Waskowiak (Orgel/Klavier)
 
Bild:  Dieric Bouts d.Ä.: Prophet Elia in der Wüste, 1464-1467, Teil des Abendmahlsaltars der St. Peterskirche Löwen, Belgien
 
Bibeltexte: 1. Könige 19,1-8 und Jakobus 1,2-3 u. 12 
 
 

03.03.2021: „Verachtet“

Dr. Annette Kanzenbach, Kunsthistorikerin, Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Pastor Christoph Jebens, Martin-Luther-Kirchengemeinde Emden 
 
Musik: Matthias Visarius (Orgel) und  Dorothea Ohly-Visarius (Gesang)
 
Bild: Veronese und Werkstatt: Der Engel erscheint Hagar in der Wüste, um 1585, Kunsthistorisches Museum Wien 
 
Bibeltexte: 1. Mose 16,1-15 und Jesaja 53,3-4
 
 

10.03.2021: „Versucht“

Magister Georg Kö, Wien, Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Pastorin Ina Schulz, Paulusgemeinde Emden 
 
Musik: Margarethe Huisinga (Akkordeon)
 
Bilder: Salvador Dali: Die Versuchung des Heiligen Antonius, 1946, Königliches Museum für Schöne Künste Brüssel, Belgien, 
und Max Ernst: Die Versuchung des heiligen Antonius, 1945, Wilhelm-Lehmbruck-Museum, Duisburg 
 
Bibeltexte: Matthäus 4,1-11 und Hebräer 4,15-16 
 

17.03.2021: „Einsam“

Evelina Peuser-Broeker, M.A., Museumspädagogik, Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Superintendentin Christa Olearius, Kirchenkreis Emden-Leer 
 
Musik: Lea Waskowiak (Violine) und Kantor Marc Waskowiak (Orgel/Klavier)
 
Bild: Iwan Nikolajewitsch Kramskoj: Christus in der Wüste, 1872, Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau, Russland
 
Bibeltexte: Matthäus 26,36-46 und Psalm 142,5

24.03.2021: „Gerettet“ 

Sarah Byl, M.A., Kunsthistorikerin, Emden
Regionalbischof Dr. Detlef Klahr, Sprengel Ostfriesland-Ems 
 
Musik: Landesposaunenwart Hayo Bunger (Posaune) und Kantor Marc Waskowiak(Orgel/Klavier)
 
Bild: Floris van Schooten: Die eherne Schlange, um 1655.
 
Bibeltexte: 4. Mose 21,4-9 und Johannes 3,12-17

 
In diesem Jahr entfällt Literatur und Musik in der Karwoche. Am Karfreitag, den 2.April, und Ostersonntag, den 4. April 2021, predigt Regionalbischof Dr. Detlef Klahr jeweils um 11 Uhr in der Martin-Luther-Kirche Emden.