Betrachtung zum Pfingstfest von Regionalbischof Klahr
„Wie lange dauert es noch?“, so haben die Jünger Jesu nach seinem Tod gefragt. Sie versteckten sich aus Angst in ihren Häusern und trauten sich nicht zu den Menschen auf die Straße. Sie wussten nicht, wie es weitergehen sollte in ihrem Leben. Alles war anders, seit Jesus nicht mehr bei ihnen war. Sie spürten, dass ihr Leben sich verändert hat.
„Wie lange dauert es noch?“, so fragen auch wir in unseren Tagen. Wir sitzen in den Häusern und Wohnungen und haben Angst vor einer Krankheit, die unser Leben bedroht und das Miteinander so stark verändert hat.
Alle Ängste, alle Not und alle Traurigkeit halten Gott nicht davon ab, es Pfingsten werden zu lassen. Die Jünger haben das erfahren und wir hoffen auch auf diese Erfahrung.
Mut gegen die Angst unserer Tage und Zuversicht gegen den Zweifel. Freude gegen die Traurigkeit und Gemeinschaft gegen die Einsamkeit.
Gottes Geist wurde von den Jüngern als Mutmacher erlebt. Als Tröster in schwieriger Zeit.
Sie konnten es selbst nicht sagen, wie es kam. Aber auf einmal war alles anders. Sie hatten den Mut für das Leben zurückgewonnen. Da war wieder die Freude, auf Menschen zuzugehen und ihnen vom Glauben zu erzählen. Da war das Vertrauen auf Gott und seine Zusagen. Da war wieder die Gewissheit, dass Gott nicht fern, sondern mitten im Leben bei ihnen ist. Wo Menschen das spüren, ist Pfingsten.
Dass unerwartet wieder Kraft und Freude da sind, gibt es. Plötzlich ist alles anders. Etwa, wenn sich jemand verliebt. Oder wenn es nach langem Stillstand wieder vorwärts geht: in einer Beziehung, bei der Arbeit oder auch sonst im Leben.
Gottes Nähe, sein Geist und seine Kraft können Menschen verändern. Liebe statt Hass, Zuversicht statt Verzweiflung, Hoffnung statt Resignation. Wo das geschieht, ist es immer auch ein Geschenk von außen, von Gott her. Da ist dann Pfingsten.
Augenblicklich erlebe ich solche Pfingstwunder mitten unter uns. Menschen behalten Hoffnung in dieser schweren Zeit. Sie haben kreative Ideen, anderen Menschen trotz Abstand nahezubleiben. Und sie vertrauen Gott und seiner Liebe mehr als ihrer eigenen Angst um die Zukunft.
Niemand kann das aus sich selbst oder aus eigener Kraft. Solche Pfingstwunder lässt Gott an uns und unter uns geschehen. Heute immer noch so überraschend wie bei den Jüngern vor 2000 Jahren.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern besonders in dieser Zeit ein wunderbares Pfingstfest.