Respekt und Würde gilt allen Menschen

Nachricht Esens, 17. Oktober 2021

Frauenort Esens zugleich ein Zeichen gegen Antisemitismus

Esens ist nun einer von 43 Frauenorten in Niedersachsen und der achte Frauenort auf dem Gebiet des Sprengels Ostfriesland-Ems: Norden (Recha Freier), Aurich (Ingrid Buck), Emden (Antje Brons), Leer (Wilhelmine Siefkes), Pewsum (Hermine Heusler-Edenhuizen), Haren (Schwester Kunigunde) und Messingen (Mathilde Vaerting). Damit gewürdigt wurde 115 Jahre nach ihrem Tod die 1844 in Esens geborene jüdische Opernsängerin Sara Oppenheimer.
Die Vorsitzende des Landesfrauenrats in Niedersachsen, Marion Övermöhle-Mühlbach, übergab in der St. Magnus-Kirche in Esens die Auszeichnung Bürgermeisterin Karin Emken. Die Idee, dem niedersächsischen Landesfrauenrat Esens als Frauenort vorzuschlagen, hatte Gabriele Buisman, die zweite Vorsitzende des ökumenischen Arbeitskreises Juden und Christen in Esens e. V.. Mit den Frauenorten in Niedersachsen will der Landesfrauenrat dazu anregen, die überragenden Leistungen historischer Frauenpersönlichkeiten bekannt zu machen. Zu den Festrednerinnen zählte auch Daniela Behrens (SPD), niedersächsische Ministerin für Gleichstellung und Schirmfrau der niedersächsischen Frauenorte. Behrens betonte, dass Sara Oppenheimer trotz ihres musikalischen Ausnahmetalents um die Anerkennung ihres Berufsstandes ringen musste. Frauen auf der Bühne hätten damals als unmoralisch gegolten. Zudem habe sie im ausgehenden 19. Jahrhundert gegen den immer stärker werdenden Antisemitismus kämpfen müssen.

Respekt und Würde gilt allen Menschen

Regionalbischof Dr. Detlef Klahr dankte dem Ökumenischen Arbeitskreis Juden und Christen in Esens e.V., dass dieser sich seit vielen Jahren für die wertschätzende Erinnerung des Judentums in Esens ebenso einsetzt wie für das Miteinander von Juden und Christen heute. 
Dr. Klahr wies darauf hin, dass die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers in ihrer neuen Verfassung das Miteinander von Juden und Christen besonders herausgestellt habe: „Die Landeskirche ist durch Gottes Wort und Verheißung mit dem jüdischen Volk verbunden. Sie achtet seine bleibende Erwählung und seinen Dienst als Volk und Zeuge Gottes. Im Wissen um die Schuld der Kirche gegenüber Jüdinnen, Juden und dem Judentum sucht die Landeskirche nach Versöhnung. Sie fördert die Begegnung mit Jüdinnen, Juden und dem Judentum und tritt jeder Form von Judenfeindlichkeit entgegen.“
„Dieses klare Bekenntnis und dieses deutliche Entgegentreten braucht es an allen und Orten und durch uns alle auch in unserer Zeit ganz besonders“, sagte der Regionalbischof für den Sprengel Ostfriesland-Ems.
Bezugnehmend auf die Jahreslosung „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Lukas 6,36) betonte Klahr: „Wenn wir uns als Christinnen und Christen in diesem Jahr auf das Wort Jesu besinnen, so verstehen wir dies aus der Tradition der Rede von Gottes Barmherzigkeit wie sie schon im Ersten Testament der Bibel in jüdischer Tradition aufscheint. Barmherzigkeit bedeutet in unserem Verständnis des Glaubens, dass Gott jeden Menschen mit Barmherzigkeit ansieht und dass wir daher auch unseren Mitmenschen mit Würde und Respekt begegnen. Welchen Glauben auch immer, welche Religion oder welche Herkunft, welche Nationalität, welche Lebensform und welches Geschlecht: da gibt es keine Ausnahme und keine Ausgrenzung. Diese Sichtweise des Respekts und der Würde gilt allen Menschen.“
 

Zahlreiche Grußworte

Neben dem Regionalbischof sprachen der Präsident der Ostfriesischen Landschaft, Rico Mecklenburg, Landrat Holger Heyman, die Vizepräsidentin des Landesverbandes jüdische Gemeinden in Niedersachsen, Marina Jalowaja, die Vorsitzende des Landesfrauenrates Niedersachsen, Marion Övermöhle-Mühlbach, und ihre Projektkoordinatorin Friederike Apelt Grußworte. Ein Gruß der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde zu Oldenburg, Dr. Elisabeth Schlesinger, wurde verlesen.
Zu den zahlreichen Gästen gehörte unter anderem die Bundestagsabgeordnete Siemtje Möller (SPD).

Der Vorsitzende des Ökumenischen Arbeitskreises Juden und Christen in Esens e.V., Jens Ritter, und Bürgermeisterin Karin Emken eröffneten den Festakt. Gabriele Buisman sprach als zweite Vorsitzende des Ökumenischen Arbeitskreises Juden und Christen e.V. gemeinsam mit Superintendentin Eva Hadem Worte des Dankes am Ende der Veranstaltung.
 

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Der Festakt am 17. Oktober 2021 in der St. Magnus-Kirche in Esens war zugleich Teil des bundesweiten Festprogramms „321–1700: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, das unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeiers steht. Die Altistin Julie Comparini und Pianistin Kristina Legostaeva sorgten für den musikalischen Rahmen. Der Festvortrag wurde als Interview zu Sara Oppenheimer gestaltet von Detlef Kiesé und dem Oppenheimer Biographen Gerd Rokahr. Das Leben und Wirken Sara Oppenheimers stellten Karin Garlichs und Gabriele Buisman vor.

Eine Stadtführung mit 30 Personen und die Installation einer Erinnerungstafel am jüdischen Museum August-Gottschalk-Haus in Esens gingen dem Festakt voran.