Der Brief im Wortlaut
„Das Weihnachtsfest 2020 feiern wir in unserem Land in einer bisher einmaligen Situation. Sie haben zusammen – Haupt- und Ehrenamtliche in guter Gemeinschaft – seit Monaten mit Liebe und manch neu entdeckter Begabung, zugleich in großer Verantwortung dieses Weihnachten vorbereitet – besonders den Heiligen Abend. Wer hätte gedacht, dass es in unserer Kirche so vielfältige digitale Gottesdienste, Vespern auf dem Trecker, Konfi-Arbeit über Instagram und Adventsandachten in Tüten gibt. Sie haben Seelsorge-Hotlines in Kirchenkreisen aufgebaut und Menschen in innerer und äußerer Not begleitet. Sie sind gegen den eigenen Zweifel und die eigene Erschöpfung in den zurückliegenden Monaten zuversichtlich geblieben und haben schon das weihnachtliche „Fürchtet Euch nicht“ gepredigt. Die Kreativität des Glaubens reißt viele mit und wird auch von außen mit Anerkennung und Freude wahrgenommen. Seit Monaten arbeiten Sie unter den Bedingungen des Ausnahmezustandes, passen an, bauen um und machen es ganz anders. Dafür möchten wir Ihnen sehr herzlich danken.
Nun ist der Lockdown da, kurz vor Heiligabend. Können wir an Gottesdiensten mit physischer Präsenz festhalten, wenn Zusammenkünfte sonst verboten sind? Es werden vor Ort und in den Medien viele kritische Fragen gestellt. Diese Fragen machen uns allen sehr zu schaffen. Für alle Optionen gibt es gute Gründe. Was auch immer wir entscheiden, wir ernten Widerspruch.
Die Rechtslage erlaubt – anders als zu Ostern – Gottesdienste ausdrücklich. Die Sicherheitsauflagen, die bei uns seit Langem eingeübt sind, gelten dabei selbstverständlich. Die politisch Verantwortlichen respektieren das hohe Recht freier Religionsausübung, zugleich ist ein großes Vertrauen gewachsen in den verantwortlichen und umsichtigen Umgang der Kirchen mit der Situation.
Nach heutigem Stand möchten wir Sie ermutigen, an den geplanten Gottesdiensten und anderen Formen des Feierns zu Weihnachten festzuhalten. Wir feiern Gottesdienste ja nicht für uns, sondern weil gerade in diesem Jahr für viele Menschen die Möglichkeit, die Weihnachtsbotschaft zu hören und gemeinsam zu feiern, wichtig ist. Alle, die an einem Gottesdienst teilnehmen, entscheiden das frei und eigenverantwortlich.
Viele belastet die Verantwortung, die sie tragen. Wir unterstreichen: Wenn Sie in örtlich angepasster Weise die Handlungsempfehlungen unserer Landeskirche beachten, handeln Sie verantwortlich! Wir stehen hinter Ihnen, selbst wenn es Gegenwind gibt.
Das gilt auch dann, wenn Sie entscheiden, an ursprünglich geplanten Gottesdienstformaten nicht festzuhalten. Manche Gemeinden haben solche Entscheidungen getroffen. Was immer Sie nach bestem Wissen und Gewissen für Ihre Gemeinde entscheiden, hat unsere Rückendeckung. Die Entscheidungen, die Sie vor Ort treffen, kann und darf Ihnen niemand abnehmen. In dieser Eigenverantwortung unterstützen wir Sie ausdrücklich.
Weihnachten wird in diesem Jahr vielfältig und bunt sein. Gemeinden werden unterschiedliche Wege gehen. Gut, wenn die Öffentlichkeit erfährt, in welcher Weise – dezentral, online, open air usw. – Weihnachten in der Gemeinde gefeiert wird, auch unter sich möglicherweise weiter ändernder Bedingungen.
Weihnachten, wie es die Bibel überliefert ist, begann mit einer großen Enttäuschung. Die Sehnsucht nach Heil wurde anders erfüllt als erwartet. Klein, verletzlich, am Rand der Welt hat sich Gott in dem Kind in der Krippe gezeigt. So kommt Gott uns auch in diesem Weihnachtsfest nah, vielleicht näher als in den Festroutinen, die viele nun vermissen. Darauf vertrauen wir.
Wir wünschen Ihnen erfüllte und von unserem Gott gesegnete Weihnachtstage.“