Bildbetrachtung von Regionalbischof Klahr zum Osterfest
Ein Bild von Ostern! Alle haben wir unsere Osterbilder im Kopf von dem, wie es Ostern sein soll. Frühlingshaft, leicht und unbeschwert im Kreis lieber Menschen, mit Freude, Eiern und einem Osterspaziergang, wie ihn schon der Dichter Johann Wolfgang von Goethe in seinem Meisterwerk „Faust“ beschrieben hat.
In diesem Jahr ist Ostern aber doch so ganz anders. Keine Gottesdienste, in die wir gehen könnten, keine gegenseitigen Besuche und die Leichtigkeit will sich auch nicht einstellen. Zu sehr lastet die Situation der ansteckenden Corona-Pandemie auf unseren Seelen. Angst, Sorge und in vielen Fällen auch existenzielle Not belasten viele Menschen hier und auf der ganzen Welt. Ostern total anders.
Ein Bild von Ostern aus dem Ostfriesischen Landesmuseum Emden. Über 400 Jahre alt. Es hat Menschen angesprochen und versucht, von dem Ostern zu erzählen, wie davon in der Bibel berichtet wird. Von dem Grab im Felsen, den Wächtern am Grab, von den Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kommen, um den verstorbenen Jesus zu salben, von dem Engel, der ihnen die Botschaft von der Auferstehung bringt. Und vor allem von Jesus Christus, der den Tod überwunden hat.
Ostern, so zeigt es dieses Bild, ist ein Ereignis mit Dynamik und Kraft, das alles verändert. Mit der Auferstehung Jesu ist alles anders geworden in dieser Welt.
Keine Macht hält Gott davon ab, seinen Sohn von den Toten zu erwecken und damit allen Menschen das ewige Leben zu verheißen. Gott liebt seine Schöpfung und entreißt sie dem Tode.
Christus, der Auferstandene, schwebt auf diesem Bild über allem. Er schwingt die Osterfahne des Sieges. Sein Tod am Kreuz wurde zum Sieg für das Leben. Der Tod, hat nicht mehr das letzte Wort über das Leben.
Die Ordnungshüter dieser Welt verschlafen dieses alles verändernde Ostereignis oder es überwältigt sie. So farbenprächtig ihre Gewänder sind, Zeichen der weltlichen Macht, sie haben keine entscheidende Bedeutung mehr.
Was das bedeutet, erfahren die Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kommen, als erste. Sie haben meine ganze Sympathie. Sie erwarten ja nicht, was sich da ereignet. Vielmehr bringen sie ihre ganze Trauer über den Tod des geliebten Menschen, ihre Hoffnungslosigkeit und ihren Kummer mit zum Grab.
Und sie erfahren, wie Gott diese Situation radikal verändern kann. Sie kommen, um den Toten zu ehren und begegnen dem Lebendigen. Sie kommen, um Abschied zu nehmen, und werden zu Zeuginnen eines Neuanfangs, der sich immer wieder da ereignet, wo Menschen dem lebendigen Gott begegnen.
Das Bild von Ostern in meinem Kopf. Im Vordergrund nicht eine selbstgemachte Idylle, nicht das Frühlingserwachen, keine Wunschbilder von Ostern. Vielmehr die Erfahrung, einen Weg zu gehen, den Schritt zu suchen, wie die Frauen am Ostermorgen. Alles Dunkle, alle Ängste, Fragen und Zweifel des Lebens sind mit auf diesem Weg – gerade auch jetzt.
Und dann, ganz und gar unerwartet das Wort wieder hören, lesen, ja buchstabieren: „Der Herr ist auferstanden!“ Und wie die Frauen am Grab das Unbegreifliche erfahren, dass Gott uns nicht dem Tod überlässt, sondern seine Liebe dagegen setzt. Dass er uns befreit und die Osterfahne des Sieges über den Tod auch über unserem Leben weht.
Ein Bild von Ostern. Das immer wieder neu entsteht in unserem Leben, weil Gott uns überrascht mit seiner Gegenwart und damit alles verändert. Mitten im Leben und auch noch im Tod. Die Überschrift für dieses Osterbild in meinem Kopf: „Gott liebt das Leben!“