Regionalbischof Klahr erkundet den Naturpark Moor-Veenland
„Ungewöhnlich vielleicht, aber für mich besonders wichtig, einen Einblick zu bekommen in die Landschaft, in der die emsländischen Lutheraner verwurzelt sind“, sagte Landessuperintendent Detlef Klahr auf die Frage, warum er auf seiner Visitationsreise durch den Evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Emsland-Bentheim einen halben Tag im Moor verbringen wollte.
„Es ist wunderbar, sich Zeit zu nehmen, die Vielfalt von Gottes Schöpfung zu bestaunen. Hier im Moor ist zu erkennen, wie kostbar auch die allerkleinste Pflanze für das Ökosystem ist“, so der Regionalbischof. Gerade im Jahr 2019, das die Landeskirche unter dem Motto „Um des Menschen willen – Zeit für Freiräume“ gestaltet, gelte es, die Natur als einen von Gott geschenkten Freiraum wahrzunehmen, den es zu bewahren gelte, sagte Klahr. „Ich freue mich, dass Menschen in dieser Umgebung zur Ruhe kommen und Erholung finden. Das ist etwas Wertvolles, das unsere Region auszeichnet.“
Weder Regen und Kälte noch kräftiger Wind konnten den Regionalbischof des Sprengels Ostfriesland-Ems davon abhalten, sich mit Naturparkführerin Silke Hirndorf und dem Geschäftsführer des Internationalen Naturparks Moor-Veenland, Uwe Carli mit dem Fahrrad auf den Weg durch das Moor zu machen. Startpunkt war die lutherische Kirchengemeinde Twist. Hier konnte Biologin Hirndorf anhand des Themengartens Heidelandschaft mit dem Nachbau einer historischen Schäferschutzhütte bereits erste Hinweise auf das Miteinander von Mensch, Tier und Pflanze in dieser Region geben. „Früher ging etwas Bedrohliches und Unheilvolles von diesem unbarmherzigen Gebiet aus, aber das hat sich gewandelt. Die Kultivierung, der Torfabbau und die Landwirtschaft haben der Landschaft ihren Stempel aufgedrückt. Nun ist es auch Aufgabe des Menschen, ökologische Großzusammenhänge zu erkennen und ganz bewusst bestimmte Gebiete unter Schutz zu stellen und der Nachwelt und dem Planeten Erde zu erhalten“, so die promovierte Botanikerin.
Ein Anfang, so erläuterte Carli während der anschließenden Radtour, sei der Naturpark Moor-Veenland mit seinen 14.000 Hektar Fläche. Mitglieder sind der Landkreis Emsland, die Provincie Drenthe, der Landkreis Grafschaft Bentheim und die Gemeinden Emmen, Geeste, Twist und Wietmarschen sowie die Städte Haren (Ems) und Meppen. „Unser Naturpark ist abwechslungsreich, die Weite mit den charakteristischen langgestreckten Dörfern und kerzengeraden Kanälen. Dazwischen findet sich endlose, einzigartige Natur mit Moorlandschaften, Wiesen, Äckern, Wäldern, Gewässern und Heide“, erläuterte Carli beim Rundumblick vom Beobachtungsturm Bargerveen.
Bei anschließenden Abstechern in die Veenlandschaft erfuhr der bekennende Naturliebhaber Klahr eine Menge Wissenswertes zu einem der ältesten, noch existierenden Ökosysteme. „Wir haben hier eines der wertvollsten Hochmoorgebiete des Landes. Es enthält kleine unangetastete Hochmoorreste und fällt sowohl unter die Vogelschutz- als auch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Von europaweit 43 vorkommenden Torfmoosarten finden sich hier über 30 und es ist der einzige Ort in den Niederlanden, wo der Langblättrige Sonnentau noch vorkommt. Außerdem wimmelt es von Amphibien, wie Moorfrosch und Kleiner Wasserfrosch. Besondere Libellen, wie die Torf-Mosaikjungfer und die Hochmoor-Mosaikjungfer kommen hier genauso vor wie Neuntöter, Ziegenmelker, Bekassine, Schwarzhalstaucher und Tüpfelsumpfhuhn“, fasste Moorexpertin Hirndorf noch einmal den besonderen Artenreichtum zusammen, ehe der Regionalbischof den Schafstall Weiteveen besuchte. Hier kam der Theologe mit den Schäfern ins Gespräch und zog Parallelen zwischen dem Beruf Pastor (lateinisch für „Hirte“) und eines Hirten: „Christus hat das Bild des Guten Hirten für sich in Anspruch genommen und die Seinen beauftragt, ähnlich für die Gemeinde Fürsorge zu halten, wie ein Hirte für seine Schafe.“
Insgesamt fünf niederländische Hirten kümmern sich im größten Schafstall der Niederlande um 1.000 Bentheimer und Schonebeker Schafe. „Über die Luft und die Niederschläge wird zu viel Stickstoff in das Bargerveen eingetragen und das Gras wächst schneller als die Heide und die Torfmoose. Mit der Beweidung helfen Schafe und Kühe beim Naturschutz“, erfuhr der Regionalbischof vom wettergegerbten Schäfer Luuc Bos und dessen Frau Elsbeth, die die kleine Gruppe zu einem typischen „Kopje Koffie“ eingeladen hatte.
Diskutiert wurde über die Notwendigkeiten der Naturerhaltung, die „ganzheitliche Entwicklungsarbeit“, so Carli, die im internationalen Naturpark geleistet werde und sogar die Einflussnahme des Wolfes im Bereich der wiederhergestellten ehemaligen Kulturlandschaft. „In vielen Bereichen zeigen unsere grenzüberschreitenden Projekte, dass im Miteinander Lösungen gefunden werden“, so der Naturparkgeschäftsführer, der ein großes Potential im kleinsten Naturpark Deutschlands sieht. Nach der Rückfahrt über die alten Grenzdörfer erreichte die Gruppe nach über 30 km, diesmal mit Rückenwind, wieder die Gemeinde Twist. (kkeb)