Zum Reformationsfest 2019 von Regionalbischof Klahr
Reformation feiern wir aus gutem Grund. Seit 2018 nun in Niedersachsen auch mit einem gesetzlichen Feiertag. Dieser Tag kann dazu anregen, über Kirche und Gesellschaft neu nachzudenken. Wir können ihn fröhlich, offen, ökumenisch, interreligiös und mit Blick auf zentrale Fragen unserer Gesellschaft feiern. Für das Jahr 2019 schlagen die evangelischen Kirchen in Niedersachsen das Thema „Wahrheit“ vor. Dabei sind wir aufgefordert, zu überprüfen, was der Wahrheit entspricht, um uns nicht von „Fake News“ oder Meinungsmachern in die Irre führen zu lassen.
Martin Luther hatte seine 95 Thesen über den Ablass am 31.Oktober 1517 aus Liebe zur Wahrheit und im Verlangen danach, sie zu erhellen, veröffentlicht und wollte in einen Dialog darüber eintreten.
Martin Luther war damals mit der Bibel auf Wahrheitssuche. Für ihn war klar, Gottes Wort muss dabei die Richtschnur sein. Er setzte diese Wahrheit nicht absolut, sondern war bereit, sich von anderen in seiner Sicht korrigieren zu lassen, wenn es dafür überzeugende Argumente aus der Bibel gab. Andernfalls hielt er an der erkannten Wahrheit fest mit einer Haltung, die ihn selbst vor dem Kaiser und Papst sagen ließ: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders! Gott helfe mir!“
Am Leben und Handeln Luthers wird deutlich, es ist ganz und gar nicht einfach für eine Wahrheit, die zur inneren Überzeugung geworden ist, einzustehen. Es zeugt von innerer Haltung, wenn Menschen auch heute für die Wahrheit eintreten.
Vor Fanatismus und blinder Selbstüberschätzung bleiben wir verschont, wenn sie im Dialog mit Gottes Wort und mit anderen Menschen immer wieder neu gesucht und gefunden wird.
Wie gut, dass uns dieser gesetzliche Feiertag als ein Freiraum für den Dialog geschenkt wurde.